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Spürhunde sollen Corona-Infektion erkennen: Spektakuläre Studie in Altenheimen

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Spürhunde können Corona-Infektionen erschnüffeln. Eine Studie in Hessen untersucht nun, inwieweit die Vierbeiner bei der Früherkennung in Pflegeheimen helfen können.

Wiesbaden - Der Geruchssinn von Spürhunden ist ein Wunderwerk der Evolution. Nicht umsonst sind die Vierbeiner als Warnsysteme bei Sprengstoff oder unerlaubten Substanzen aus der modernen Polizeiarbeit nicht mehr wegzudenken. Doch auch im medizinischen Bereich wird ihr Einsatz immer beliebter. Denn sie können an der molekularen Zusammensetzung eines Geruchs nicht nur Sprengstoff oder Drogen wahrnehmen, sondern auch die drohende Unterzuckerung von Diabetikern und verschiedene Krebserkrankungen. Nun könnte sich für die Spürnasen ein weiteres Aufgabenfeld auftun: bei der Früherkennung von Corona.

Eine Studie der Universitätsmedizin Mainz, bei der das Land Hessen mit 90 000 Euro rund ein Drittel der Kosten übernimmt, untersucht derzeit, inwieweit Spürhunde zur Eindämmung des Virus in Alten- und Pflegeheimen beitragen können. Die Heime waren von der Corona-Pandemie besonders betroffen. Ausbrüche hatten vielerorts die Schließung ganzer Einrichtungen zur Folge. Mit der Studie erhoffen sich die Verantwortlichen entscheidende Hinweise für die Früherkennung als zentrales Element der Pandemieeindämmung, erklärten der hessische Sozialminister Kai Klose (Grüne) und Professor Bodo Plachter, kommissarischer Direktor des Instituts für Virologie der Universitätsmedizin Mainz, wie fnp.de berichtet.

Corona-Studie in Hessen: Spürhunde schon in vielen anderen Bereichen eingesetzt

Dass Spürhunde eine Corona-Infektion mit hoher Genauigkeit erschnüffeln können, wurde bereits von zahlreiche Studien belegt. Als erstes hatten britische Forscher - schon im Mai 2020, wenige Monate nach Ausbruch der Pandemie - diese Idee erprobt. Nach Angaben der London School of Hygiene and Tropical Medicine hatten sechs Hunde Proben von Infizierten mit einer Genauigkeit von 82 bis 94 Prozent erschnüffelt. Die britischen Forscher nutzten dafür Socken von 200 Infizierten und 200 Gesunden in der Kontrollgruppe.

Im Juli 2020 startete der erste Test in Deutschland: an der Diensthundeschule der Bundeswehr in der Vulkaneifel. Die Spürhunde waren nach einem Training in der Lage, 92 Prozent der über 5000 vorgelegten Proben korrekt zu identifizieren, wie die Tierärztliche Hochschule Hannover 2021 im Fachblatt „BMC Infectious Diseases“ berichtete. Der Erfolg der Hunde war dabei unabhängig davon, ob den Tieren eine Urin-, Speichel- oder Schweißprobe vorgelegt wurde.

Die Nase vorn: Corona-Spürhund Drago schnüffelt im Garten einer Pflegeeinrichtung an einer speziellen Trainingsbox nach Corona positiven Geruchsproben.
Die Nase vorn: Corona-Spürhund Drago schnüffelt im Garten einer Pflegeeinrichtung an einer speziellen Trainingsbox nach Corona positiven Geruchsproben. © Boris Roessler/dpa

Auch an Flughäfen wurden Corona-Spürhunde schon früh testweise eingesetzt. Nach Angaben des Flughafens von Helsinki gehörte Finnland dabei zu den Pionieren. Später kamen immer neue Einsatzgebiete dazu: In Frankreich gab es einen Corona-Spürhund in einem Altersheim, einer der ersten deutschen Praxiseinsätze war ein Konzert der Band Fury in the Slaughterhouse in Hannover. 2022 veröffentlichte die Tierärztliche Hochschule Hannover im Journal „Frontiers in Medicine“ eine weitere Studie, die besagt, dass Corona-Spürhunde auch Long-Covid-Patienten erkennen können.

Ergebnisse der Corona-Studie werden im Herbst erwartet

Die aktuelle Untersuchung der Universitätsmedizin Mainz in Hessen soll nun Hinweise darauf geben, wie Spürhunde bei der Früherkennung von Alten- und Pflegeheimen eingesetzt werden können. Bislang wird die Studie in einem der insgesamt 955 hessischen stationären Pflegeheime durchgeführt. Es könnten sich aber alle Einrichtungen im Land daran beteiligen, erklärte die Oberärztin und Leiterin des Clinical Research Centers der Hautklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz.

Bei der anonymen und unter realen Bedingungen durchgeführten Studie werden bei positiven Sars-CoV-2-Schnelltests bei den Heimbewohnern Hautabstriche und ein Nasen-Rachen-Abstrich zur PCR-Testung durchgeführt. Ein Abstrich wird den Spürhunden außerhalb des Gebäudes präsentiert. Ein zweiter Hautabstrich wird in einem Labor auf spezielle Geruchsinformationen untersucht. Mit ersten Ergebnissen der Studie werde im Herbst gerechnet, sagte Studienleiterin Professor Petra Staubach-Renz. Danach soll über die weitere Etablierung des Verfahrens entschieden werden.

Sprengstoffspürhunde werden zur Corona-Schnüfflern umgeschult

Die beiden Hunde, die an der Studie der Universitätsmedizin Mainz in Hessen teilnehmen, wurden zuvor zum Erkennen von Sprengstoffen eingesetzt, wie Daniel Jannett, Leiter des Hundeausbildungszentrums der Awias Aviation Services GmbH aus Braunschweig, berichtet. Drei bis vier Monate dauerte die spezielle Ausbildung für das Coronaprojekt.

Und tatsächlich: Schäferhund-Mischling Drago, einer der beiden ausgebildeten Spürnasen, braucht nur ein bis zwei Sekunden, bis er die Corona-Probe in der Geruchsmaschine erschnüffelt hat. Nach einer schnellen Belohnung mit einem Leckerli erkennt der schwarze, vierjährige Hund am Montag sofort auch die übrigen Proben auf dem Gelände der Nassauischen Blindenfürsorge in Wiesbaden. (Niklas Hecht)

Auch in Hessen gibt es ab Donnerstag, dem 30. Juni, nicht mehr für jeden kostenlose Corona-Bürgertests. Wer sich in Teststellen oder Apotheken testen lassen möchte, zahlt ab sofort in der Regel mindestens drei Euro aus eigener Tasche.

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